Im Februar 1950 hatte das Zentralkomitee der SED die Mitwirkung der Partei, der Gewerkschaften und der FDJ an Jugendweihen im Sinne der früheren Freidenkerverbände abgelehnt. Dennoch fanden Jugendweihen in der Freidenker-Tradition statt, an denen auch viele Vertreter von Partei und Staat mitwirkten. Das die Jugendweihe danach zum staatssozialistischen Fest avancierte, war in Moskau beschlossen worden. Im Mai 1953 fasste das Politbüro der KPdSU einen Beschluß über „Maßnahmen zur Gesundung der politischen Lage in der DDR“, der auch eine sozialistische Alternative zur Konfirmation vorsah. Mit gewaltigem Druck wurde die Feier neben Konfirmation oder Firmung etabliert. Aber auch konfessionell gebundene Jugendliche sollten (parallel zur Konfirmation / Firmung) an den Jugendweihefeiern teilnehmen. Wer nicht daran teilnahm, mußte mit erheblichen Nachteilen und Repressionen rechnen. Am 27. März 1955 fand die erste Jugendweihe in Ost-Berlin statt. Die Jugendlichen im Alter von 14 Jahren wurden dabei in den Kreis der Erwachsenen aufgenommen und danach auch mit „Sie“ angeredet.
Die Jugendweihe bekam einen besonderen Stellenwert. Im ersten Jahr nahmen 52.322 Mädchen und Jungen teil. Später gingen die Zahlen nach oben, dadurch wurden die kirchlichen Jugendfeiern an den Rand gedrängt. Ohne Jugendweihe keine EOS, ohne Abitur kein Studium, galt das ungeschriebene aber eherne Gesetz für Heranwachsende. Die Jugendlichen gelobten dem Sozialismus und der DDR die Treue. Ein Schwur ohne Wert, denn die Mädchen und Jungen, die an diesem Tag in den Kreis der Erwachsenen aufgenommen wurden, waren die Geschenke wichtiger als angebliche Werte des Sozialismus. Nicht nur die Gaben wurden von Jahr zu Jahr immer wertvoller, auch die Dimensionen der Familienfeiern näherten sich an einer Hochzeit auf dem Dorf.
Der Ablauf der Jugendweihe:
Vor der eigentlichen Jugendweihe besuchten die Jugendlichen, meist im Klassenverband, ein Jahr lang monatlich so genannte Jugendstunden, die meist aus Betriebsbesichtigungen, Vorträgen über Sexualität und Politik, Tanzstunden oder ähnlichen gesellschaftlichen Nachmittagen bestanden. Zu dem Festakt, der meist in einem größeren Saal, wie zum Beispiel in einer Aula in der Schule, in einem Kino oder in einem Theater des Ortes / der Stadt stattfand, waren alle Angehörigen eingeladen. Nach einigen offiziellen Reden und dem Gelöbnis, in dem sich die Jugendlichen zum sozialistischen Staat bekennen sollten, wurden ihnen dann meist von Jungen Pionieren Blumen überreicht. Außerdem erhielten sie eine Urkunde und ein Buch. Dies war bis 1974 der Sammelband “Weltall - Erde - Mensch”, der neben ideologischen Auslassungen vor allem Allgemeinwissen enthielt. Nach 1974 wurde dieses Buch von dem reinen Propagandawerk “Der Sozialismus – Deine Welt” abgelöst. In den letzten Jahren der DDR wurde das Buch “Vom Sinn unseres Lebens” überreicht. Nach dem feierlichen Akt in der Öffentlichkeit verbrachten die Geehrten den Rest des Tages mit ihrer Familie oder gemeinsam mit den Familien der Klassenkameraden.
Das Gelöbnis:
Das Gelöbnis wurde vom Zentralen Ausschuß für Jugendweihen vorgegeben. Der Text des Gelöbnisses wurde mehrmals geändert (in den Jahren 1955, 1958, 1968 und 1985). Dabei wurde das Bekenntnis zum einheitlichen Deutschland ersetzt durch die Verpflichtung zum Einsatz für den „Arbeiter- und Bauernstaat“, für die Völkerfreundschaft mit der Sowjetunion und den sozialistischen Ländern, für die „entwickelte sozialistische Gesellschaft“ unter Führung der Partei und zum Kampf gegen die „imperialistische Bedrohung“.
Das öffentliche Gelöbnis - Das Gelöbnis wurde vom Zentralen Ausschuß für Jugendweihen vorgegeben:
Liebe junge Freunde!
Seid ihr bereit, als junge Bürger unserer Deutschen Demokratischen Republik mit uns gemeinsam, getreu der Verfassung, für die große und edle Sache des Sozialismus zu arbeiten und zu kämpfen und das revolutionäre Erbe des Volkes in Ehren zu halten, so antwortet:
JA, DAS GELOBEN WIR!
Seid ihr bereit, als treue Söhne und Töchter unseres Arbeiter-und-Bauern-Staates nach hoher Bildung und Kultur zu streben, Meister eures Fachs zu werden, unentwegt zu lernen und all euer Wissen und Können für die Verwirklichung unserer großen humanistischen Ideale einzusetzen, so antwortet:
JA, DAS GELOBEN WIR!
Seid ihr bereit, als würdige Mitglieder der sozialistischen Gemeinschaft stets in kameradschaftlicher Zusammenarbeit, gegenseitiger Achtung und Hilfe zu handeln und euren Weg zum persönlichen Glück immer mit dem Kampf für das Glück des Volkes zu vereinen, so antwortet:
JA, DAS GELOBEN WIR!
Seid ihr bereit, als wahre Patrioten die feste Freundschaft mit der Sowjetunion weiter zu vertiefen, den Bruderbund mit den sozialistischen Ländern zu stärken, im Geiste des proletarischen Internationalismus zu kämpfen, den Frieden zu schützen und den Sozialismus gegen jeden imperialistischen Angriff zu verteidigen, so antwortet:
JA, DAS GELOBEN WIR!
Wir haben euer Gelöbnis vernommen. Ihr habt euch ein hohes und edles Ziel gesetzt. Feierlich nehmen wir euch auf in die große Gemeinschaft des werktätigen Volkes, das unter Führung der Arbeiterklasse und ihrer revolutionären Partei, einig im Willen und im Handeln, die entwickelte sozialistische Gesellschaft in der Deutschen Demokratischen Republik errichtet.
Das Gelöbnis
Wir übertragen euch eine hohe Verantwortung. Jederzeit werden wir euch mit Rat und Tat helfen, die sozialistische Zukunft schöpferisch zu gestalten.
Die Einladung zu meiner Jugendweihe am 28. April 1985
linke Innenseite der Einladungskarte zur Jugendweihefeier
rechte Innenseite der Einladungskarte zur Jugendweihefeier
Meine Bilder von meiner Jugendweihe:
Meine Jugendweihefeier in der Aula unserer Schule am 28. April 1985
Die Jungpioniere unserer Schule gratulierten uns zur Jugendweihe und überreichten einen Blumenstauß.
Jugendweihefeier in der 8. Klasse in der Aula unserer Schule
Meine Jugendweihefeier in der Aula unserer Schule 1985 - meine Schulfreunde aus Kraupa
Meine Jugendweihefeier in der Aula unserer Schule 1985 - meine Schulfreunde aus Saathain
Das Geschenkbuch anläßlich der Jugendweihe
Der Sinn des Lebens - In diesem Buch stand alles im
Zeitraffer drin - vom Anfang des Lebens über Weltanschauung -
Geschichte voran - Die Geschichte kennt keinen Stillstand - DDR unser
sozialistisches Vaterland - Du und die Sozialisten bis hin zum
Sozialismus
Erich Honecker im Geleitwort des Geschenkbuches zur Jugendweihe “Vom Sinn unseres Lebens”:
“Anforderungen an die eigene Persönlichkeit sind mit dem Versprechen verbunden, stets kameradschaftlich zusammenzuarbeiten, Euch gegenseitig zu achten und zu helfen, das persönliche Glück immer mit dem Kampf um das Glück des Volkes zu verbinden. Eure Eltern und Lehrer, die Freunde der Freien Deutschen Jugend und die Paten aus den Betrieben werden Euch dabei mit Rat und Tat zur Seite stehen. Von den Erfahrungen, die sie an Euch weitergeben, legen wir Euch vor allem eine ans Herz: Fleiß und Wissen, nützliche Tat und Opferbereitschaft sowie unwandelbare Treue zum Sozialismus haben unser Land vorwärtsgebracht und werden es auch in Zukunft weiter voranbringen. Gemeinsam mit den Älteren werdt Ihr das Heutige bewahren und festigen, um das Künftige - den Kommunismus - zu erringen.”